Gegenwärtig sind die Mitarbeiter des Vorhabens mit der Zusammenstellung des Editionsmanuskripts für die Bände MGH Constitutiones VII, 3, der die Urkunden Kaiser Ludwigs IV. aus den Jahren 1344 bis 1347 und MGH Constitutiones XV, 1, der die Urkunden Kaiser Karls IV. aus den Jahren 1366 und 1367 enthalten wird, beschäftigt. Parallel dazu werden kontinuierlich die Urkunden für die Folgebände bearbeitet.
Neben der Editionstätigkeit sind die Mitarbeiter durch regelmäßige Lehrveranstaltungen im universitären Bereich, durch Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen sowie durch zahlreiche Publikationen in einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit vertreten.
1. Alle bereits erschienenen Bände können in unterschiedlichen Recherchemodi auch digital über das MGH Institut in München benutzt werden.
2. Zusätzlich werden die vielfältigen Ergebnisse der Archiv- und Literaturrecherchen zu den Urkunden Karls IV. von den Mitarbeitern der MGH permanent in eine von der Mainzer Akademie der Wissenschaften technisch betreute Datenbank von Urkundenregesten Karls IV. eingepflegt. Dadurch entstehen in eine Art doppelter Nutzung des Materials nicht nur die MGH-Editionen, sondern zugleich eine Neubearbeitung des als klassisch anzusehenden Regestenwerks „Böhmer/Huber“ als ein digitales Arbeitsinstrument.
3. In einem Forum "Fundstück des Quartals" werden Texte und Entstehungszusammenhänge interessanter Urkunden und Teilaspekte aus der aktuellen Bearbeitung vor der Drucklegung der Gesamtbände digital präsentiert.
4. Darüber hinaus ist in Kooperation mit dem Technologiezentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen im Rahmen des DFG-geförderten Projekts "Diptychon" (http://diptychon.informatik.uni-bremen.de/) ein benutzergesteuertes Transkriptionsassistenzsystem für mittelalterliche Handschriften erstellt worden (zu diesen und noch weiteren digitalen Angeboten siehe MGH DIGITAL).
5. Aus dem Material der Arbeitsstelle werden lateinische Urkundentexte für das "Latin Text Archive" (lta.bbaw.de/), ein von der Universität Frankfurt am Main und der BBAW getragenes digitales Werkzeug für semantische Analysen lateinischer Texte, bereitgestelt und lexikalisch aufgeschlüsselt eingepflegt. Da die Constitutiones für die Zeit nach dem Interregnum (1273) die maßgebliche Edition der mittelalterlichen Herrscherurkunden darstellen, ist mit der Aufbereitung der Textkorpora ab Band 3 der Reihe begonnen worden.
An der vielbesuchten Bayerisch-Tschechischen Landesausstellung in Prag und Nürnberg, die aus Anlass des 700. Geburtstags Karls IV. von der Tschechischen Nationalgalerie und dem Haus für Bayerische Geschichte 2016 und 2017 veranstaltet worden sind, waren Mitarbeiter sowohl konzeptionell als auch durch Katalogbeiträge, Objektbeschreibungen und Vorträge beteiligt.
Auch an der konzeptionellen Vorbereitung der von September 2016 bis Januar 2017 in Potsdam im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte präsentierten Ausstellung „Karl IV. - Ein Kaiser in Brandenburg“ hat sich Michael Lindner beteiligt.
Die vom CVMA der BBAW zum Reformationsjubiläum 2017 organisierte Ausstellung „Bürger – Pfarrer – Professoren. St. Marien in Frankfurt (Oder) und die Reformation in Brandenburg“ wurden ebenfalls von Ulrike Hohensee und Michael Lindner unterstützt.
In den Bänden der Constitutiones werden in erster Linie die diplomatischen Erzeugnisse der königlichen und kaiserlichen Herrschaft in Gestalt von Privilegien, Mandaten und Briefen publiziert. Das Urkundenmaterial entstammt dem gesamten Gebiet des mittelalterlichen römisch-deutschen Reiches mit Burgund, Böhmen, Deutschland und Italien und wird heute in ungefähr 600 europäischen Archiven verwahrt. Entsprechend dem von Privilegien geprägten Charakter des Rechts und der politischen Ordnung liegt der inhaltliche Schwerpunkt der Texte auf der herrscherlichen Vergabe von Regalien sowie der Erneuerung und Bestätigung von Sonderrechten für Einzelempfänger, also von Berechtigungen wie Besitztiteln, Herrschaftsrechten, Gerichtsbarkeiten, Exemtionen, auch in funktionaler Kompensation für ein kaum entwickeltes Gesetzesrecht. Besonderes Augenmerk kommt dabei nicht nur der Veröffentlichung bisher ungedruckter Privilegien, Mandate und Briefe zu, sondern auch der Sicherung des immer wieder von Verlusten bedrohten Bestandes an schriftlicher Tradition. Als Grundlage der Texte dienen sowohl die Originale der Urkunden als auch deren Abschriften in Kopiaren oder Stadtbüchern, die bei Verlust des Originals dann die alleinige Überlieferung darstellen.
Die meisten der für die jüngsten Constitutiones-Bände relevanten Urkunden stellen relativ schmucklose Schriftstücke auf Pergament dar, wie die hier gezeigte aus dem Jahr 1354: Karl IV., noch als König, befielt der Stadt Oppenheim, den Inhaber der Münz- und Waagerechte, der selbst durch königliche Privilegien begünstigt worden ist, nicht zu behindern. Die durch kleinere Löcher leicht beschädigte Urkunde war bis zum Zeitpunkt der Aufnahme in die MGH-Constitutiones 1978 ungedruckt.
Völlig singulär im Erscheinungsbild der mittelalterlichen Kaiserurkunden überhaupt sind die in einigen Prunkurkunden Kaiser Ludwigs IV. aufwendig gestalteten Initialen des Kaisernamens. Vier dieser von spezialisierten Miniaturmalern geschaffenen L-förmigen Bildnisse ragen besonders hervor, weil sie die in den Urkunden behandelten Rechtsgeschäfte gleichsam visuell übersetzen. In der hier gezeigten Ludowicus-Initiale einer Urkunde von 1338, deren Text im 2013 erschienenen Constitutiones-Band ediert wurde, werden die Herzöge Otto I. und Barnim III. vom Kaiser mit ihrem Herzogtum Pommern[-Stettin] aus dem bis dahin bestehenden Lehensverband der Markgrafschaft Brandenburg gelöst. Die von beiden Herzögen gehaltene Lehensfahne zeigt auch dem leseunkundigen Betrachter, dass es sich um eine Belehnung handeln muss.
Mitunter sind die originalen Überlieferungen vom Zahn der Zeit buchstäblich enorm benagt worden, wie diese stark beschädigte Urkunde Kaiser Karls IV. von 1362 für die Grafen von Katzenelnbogen zeigt. Von solcherart Stücken einen verlässlichen Text herzustellen, ist aus kulturhistorischen Gründen eine vordringliche Aufgabe angesichts eines im Grunde unaufhaltbaren Verfalls historischer Quellen.
Liegen keine Originale mehr vor oder sind durch Beschädigungen vollständig unlesbar geworden, dann müssen solche Abschriften herangezogen werden, die als Editionsgrundlage dienen können. Mitunter konnten aber auch schon die jeweiligen Abschreiber zu ihrer Zeit die zu kopierenden Urkunden schlecht lesen oder verstanden sie nicht richtig, wie hier zu sehen: Eine Urkunde Kaiser Karls IV. von 1364, die von einem italienischen Kopisten 1429 abgeschrieben worden ist, wobei er die Namen der Zeugen nur unzureichend wiedergeben konnte, wurde im 16. Jahrhundert von einem Notar korrigiert.