Fundstück 1

Nürnberg, 1361 November 4: Seinen Arzt mit fremdem Geld bezahlen. Kaiser Karl IV. befiehlt den Florentinern die Auszahlung einer Jahrespension an einen seiner Höflinge.

Überlieferung: Archivio di Stato Firenze „Riformagioni Atti Pubblici 1361. 4 Novembre“ (Ausschnitt). Druck: MGH Constitutiones XIII,2 S. 672 Nr. 748 mit weiteren Angaben. (OBR)

Im Juli 1361 starb jener Kardinal und Bischof von Ostia und Velletri, der am Ostersonntag 1355 die Kaiserkrönung Karls IV. in Rom vollzogen hatte, an der Pest. Der neue Imperator hatte dem Krönungskardinal Pierre Bertrand le Jeune de Colombier oder Petrus Bertrandus iunior de Columbario, wie er lateinisch hieß, kurz nach der Krönung als „kleines Dankeschön“ bis zu dessen Lebensende einen jährlichen Betrag von eintausend Gulden angewiesen, der von jener Reichssteuer abgezweigt werden sollte, die Florenz dem Kaiser zu zahlen hatte. Alle jene, nur dem Kaiser unterstehenden Reichsstädte – und als solche betrachtete man Florenz – schuldeten dem Kaiser jährlich eine Steuer. Im Falle der Arnostadt belief sich diese auf viertausend Gulden. Nach dem Tode des Kardinals sei dessen Anteil nun frei geworden, wie Karl am 4. November 1361 von Nürnberg aus schreiben ließ, und vergab davon zweihundert Gulden neu. Der Empfänger sollte Angelus sein, der Sohn des Magisters und Arztes Nicolaus de Gracia aus Modena, wie die vorliegende Urkunde ausführt. Angelus, der selber auch als Arzt wirkte, gehörte zwar schon zum kaiserlichen Hof, wollte aber weiter in dessen Dienst bleiben und bedurfte eines Lebensunterhalts. Problematisch an dieser Art Vergabe war allerdings, dass der Kaiser nicht einfach einen Beutel Gold übergab, sondern dass sich der Empfänger selbst um das Geld kümmern, es mitunter sogar erstreiten musste. Das hatte schon der Krönungskardinal erfahren müssen, der jahrelang auf seine eintausend Gulden wartete. Deshalb enthält die Urkunde auch eine Aufforderung an die Anzianen, also den Rat der Stadt und die Kommune von Florenz, die Summe an Angelus und dessen Erben auszuzahlen. Und das ist auch der Grund, warum das Schriftstück die Jahrhunderte im Archiv von Florenz überdauert hat und nicht mit der Habe des Arztes später zerstreut wurde. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ferner, dass die Urkunde nicht nur einen Einblick in die alltäglichen Finanzierungs- und Belohnungspraktiken des Kaisers gewährt, sondern als Beleg für die Wertschätzung des Kaisers für medizinische Künste gelten darf. Vielleicht hatte Angelus sogar die Sorge um die Gesundheit der kaiserlichen Augen übernommen, eine Aufgabe, die höchste Aufmerksamkeit erforderte, hatte doch Karls Vater, Johann der Blinde, seinen Beinamen tragischerweise einem zweimaligen erfolglosen Starstich zu verdanken.

Text:
Karolus quartus divina favente clemencia Romanorum imperator semper augustus et Boemie rex. Notum facimus tenore presencium universis, quod attendentes tam prompta quam eciam fructuosa et utilia servicia, quibus nobilis Angelus, filius quondam magistri Nicolai de Gracia, medici de Mutina, sacri imperialis palacii comes, medicus, familiaris, commensalis domesticus et fidelis noster dilectus, nostre celsitudini devoto semper complacuit studio et complacere poterit prestancius in futurum, sibi et heredibus suis, qui in curia nostra et nostris obsequiis iuxta beneplacitum maiestatis nostre morari proponit, de summa mille Florenorum annui census, qui ad maiestatis nostre cameram apud commune civitatis Florentine per obitum felicis recordacionis domini Petri quondam Ostiensis episcopi, sancte Romane ecclesie cardinalis, devoluti esse noscuntur, ducentos Florenos quolibet anno per ipsum et heredes suos percipiendos et habendos nomine veri, ordinarii et annui census de innate nobis benignitatis clemencia ad vite nostre tempora damus, conferimus et liberaliter largimur decernentes, quod prefatus Angelus et heredes ipsius predictos ducentos Florenos singulis annis debent percipere et sine quovis obstaculo et contradictionis renitencia obtinere. Mandamus igitur ancianis et communi civitatis Florentine, nostris et imperii sacri fidelibus dilectis, quatenus eosdem ducentos Florenos singulis annis eidem Angelo et heredibus ipsius ad vite nostre tempora dumtaxat dare debeant sine contradictione qualibet nostro nomine et largiri. Presencium sub imperialis nostre maiestatis sigillo testimonio litterarum. Datum Nuremberg anno domini millesimo trecentesimo sexagesimo primo, indictione quartadecima, II nonas novembris, regnorum nostrorum anno sextodecimo, imperii vero septimo.